Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften

Rechtsanwälte und Fachanwälte für Strafrecht

 

Kinderpornographie ist ein sehr sensibles Thema. Der Vorwurf einer Straftat im Zusammenhang mit Kinder- oder Jugendpornographie hat eine erhebliche stigmatisierende Wirkung. Die soziale Ächtung, die mit einer Verurteilung einhergeht, ist massiv. Gleichzeitig sind die einschlägigen Straftaten schnell begangen, schon ein Mausklick kann genügen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu Straftaten und Ermittlungen im Zusammenhang mit Kinderpornographie.

 

Was ist eine kinderpornographische Schrift?

Unter Schriften sind nicht nur Printmedien im klassischen Sinn zu verstehen, sondern jede Art der Darstellung, also auch Bilder und Videos sowie alle Arten von Trägermedien (USB-Sticks, CDs, Festplatten etc.). 

 

Kinderpornographisch ist eine Schrift, wenn

  • sie sexuelle Handlungen von, an oder vor einem Kind (Person unter 14 Jahren) zum Gegenstand hat,
  • das nackte Geschlecht oder das nackte Gesäß eines Kindes darin in sexuell aufreizender Weise dargestellt wird oder
  • ein Kind darin nackt oder teilweise nackt in unnatürlich geschlechtsbetonter und erkennbar altersunangemessener Haltung dargestellt wird.

Fallen auch erkennbar fiktive Darstellungen, z.B. Comics, darunter?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Grundsätzlich setzt Kinderpornographie nicht voraus, dass "echte" Menschen abgebildet bzw. gefilmt werden. Überhaupt muss der kinderpornographische Inhalt nicht visuell wahrnehmbar sein; auch akustische Aufnahmen können genügen.

 

Es gibt allerdings bestimmte Tatbestandsvarianten, die sich nur auf solche Darstellungen beziehen, die ein "tatsächliches Geschehen" oder ein "tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen" wiedergeben. Hiervon sind dann erkennbar fiktionale Inhalte (Comics, Zeichnungen, Computerspiele) ausgenommen. 

 

Zu den Tatvarianten, für die diese Einschränkung gilt, gehören:

  • die Besitzverschaffung einer kinderpornographischen Schrift oder der Abruf eines kinderpornographischen Inhalts (dazu unten)
  • die Herstellung kinderpornographischer Schriften

Was bedeuten Verbreitung und Besitz?

Verbreiten bedeutet, dass die kinderpornographische Darstellung einem nicht näher bestimmten größeren Personenkreis zugänglich gemacht wird. Entscheidend ist, dass der Kreis der potenziellen Empfänger nicht mehr kontrollierbar ist. Die Tatvariante des Verbreitens gilt nur für physisch-verkörperte Formen der Darstellung, also Printmedien mit entsprechenden Abbildungen und Speichermedien mit digitalen Inhalten. Sie hat daher im Zeitalter des Internets kaum noch eine praktische Bedeutung

 

Das Versenden oder Hochladen kinderpornographischen Materials über das Internet ist dennoch strafbar (§ 184d Abs. 1 StGB). Hierbei kommt es auch nicht darauf an, ob die Datei nur einer einzelnen Person (z.B. per E-Mail oder Chat) oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

 

Besitz wird erlangt, wenn eine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit auf Schriften oder Trägermedien besteht. Besitz haben Sie insbesondere an allen Gegenständen, die sich in Ihrer Wohnung oder Ihrem Auto befinden. 

 

Mache ich mich auch strafbar, wenn ich mir einen Inhalt nur ansehe, z.B. im Internet?

Das war lange Zeit unklar und wurde in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Mittlerweile werden Fälle, in denen etwa ein Bild im Internet angeklickt und vergrößert oder ein Video abgespielt wird, eindeutig von § 184d Abs. 2 StGB erfasst. Danach steht auch der Abruf kinderpornographischer Inhalte über Telemedien (insbesondere das Internet) unter Strafe. Vorgesehen sind Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe

 

Erforderlich ist allerdings, dass der Täter den technischen Abrufvorgang selbst und eigenmächtig in Gang setzt. Wer also ohne Aufforderung Inhalte zugeschickt bekommt, die dann auf einem Bildschirm erscheinen (z.B. im Whatsapp-Chat), macht sich nicht strafbar, selbst wenn er die Inhalte bewusst ansieht. Auch automatisch erscheinende Inhalte (z.B. in Pop-up-Fenstern) begründen keine Strafbarkeit. 

 

Wer versehentlich einen kinderpornographischen Inhalt aufruft, weil er von einem "normalen" pornographischen Inhalt ausgeht, macht sich ebenfalls nicht strafbar. 

 

Meine IP-Adresse wurde ermittelt. Bin ich überführt?

Die IP-Adresse gibt den Standort eines Gerätes (Computer, Smartphone, Tablet) innerhalb des Internets an, um Datenpakete korrekt zuzuordnen. Sie wird gerne als "digitaler Fingerabdruck" bezeichnet. Die Ermittlung der IP-Adresse ist zumeist auch der erste Anhaltspunkt bei der Verfolgung von internetbasierter Kriminalität. Weil beim privaten Surfen in der Regel eine dynamische IP-Adresse zugeordnet wird, sind die Ermittlungsbehörden bei der Feststellung der IP-Adresse zum Tatzeitpunkt auf die Protokolle des Providers angewiesen. Schon dieses Verfahren ist enorm fehleranfällig, etwa wenn der auskunfterteilende Mitarbeiter beim Ablesen der Protokolle in der Zeile verrutscht.

 

Zudem wird die IP-Adresse nicht einer Person, sondern einem Gerät zugeordnet. Das bedeutet, dass die IP-Adresse auch nur zur Identifikation des Gerätes herangezogen werden kann, nicht aber zur Bestimmung des tatsächlichen Nutzers zur Tatzeit. Wird ein Computer von mehreren Personen genutzt (z.B. in häuslicher Gemeinschaft), ist daher die IP-Adresse allein kein handfester Beweis.

 

Mit welchen anderen Ermittlungsmaßnahmen habe ich zu rechnen?

Besteht gegen Sie der Verdacht, kinderpornographisches Material zu besitzen, heruntergeladen oder verbreitet zu haben oder ähnliches, wird in der Regel die Durchsuchung Ihrer Wohnung angeordnet werden, um Geräte (Computer, Laptop, Tablet, Smartphone) und Speichermedien (USB-Sticks, Festplatten etc.) aufzuspüren und zu beschlagnahmen. Über diese Maßnahmen werden Sie nicht vorab informiert werden, um zu verhindern, dass Beweise vernichtet werden. Die Kriminalbeamten werden daher zumeist unangekündigt bei Ihnen erscheinen, auch eine Durchsuchung in Ihrer Abwesenheit ist möglich. 

 

Die Speichermedien werden dann umfassend ausgewertet, also nach verdächtigen Inhalten durchsucht. Zusätzlich gibt es seit 2017 die sogenannte verdeckte Online-Durchsuchung. Dabei werden Geräte mit Internetzugriff (neben PCs und Smartphones auch "smarte" Haushaltsgeräte und Sprachassistenten ["Alexa"]) heimlich mit einer Überwachungssoftware infiltriert, um die Nutzung im Internet, insbesondere gespeicherte Inhalte, auszulesen und zu überwachen.

 

Was ist das NCMEC und welche Rolle spielt es bei der Bekämpfung von Kinderpornographie?

Das National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) ist eine US-amerikanische halbstaatliche Non-Profit-Organisation, die sich dem Schutz von Kindern und der Aufklärung und Dokumentation von Straftaten gegen Kinder verschrieben hat. Das NCMEC versteht sich als Forschungszentrum und Datensammelstelle

 

In den USA sind - anders als in Deutschland - Netzwerkbetreiber (Twitter, Facebook etc.) gesetzlich verpflichtet, verdächtige Vorgänge, bei denen etwa kinderpornographische Inhalte hochgeladen, geteilt oder versendet werden, zu melden. Auf diese Weise, aber auch durch private Mitteilungen, gelangen die Fälle zum NCMEC. Dieses leitet Fälle mit Auslandsbezug an die nationalen Strafverfolgungsbehörden weiter.

 

Das Bundeskriminalamt (BKA) erhält auf diese Weise jährlich ca. 70.000 Hinweise zu kinderpornographischem Material. Prozentual machen die Mitteilungen des NCMEC den größten Anteil aus. 

 

Gesetzesänderung 2020 - Was bedeutet versuchtes Cybergrooming?

Nach bisher geltendem Recht ist es strafbar, telekommunikativ - insbesondere über das Internet - Kontakt zu einem Kind aufzunehmen mit dem Ziel, das Kind zu sexuellen Handlungen zu animieren und/oder eine kinderpornographische Darstellung aufzunehmen (§ 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB). Bislang galt die Strafbarkeit nur für den Fall, dass die kontaktierte Person tatsächlich ein Kind, also unter 14 Jahre alt ist.

 

Die jüngst beschlossene Gesetzesänderung stellt nunmehr auch den Fall unter Strafe, dass der Täter unwissentlich mit einem Erwachsenen Kontakt aufnimmt und dabei nur davon ausgeht, es handle sich um ein Kind. Der Täter wird dann wegen Versuchs bestraft. Davon werden insbesondere auch Fälle erfasst, in denen Beamte der Strafverfolgung sich zu Ermittlungszwecken als Kind ausgeben

 

Um diese Ermittlungstaktik zu erleichtern und in einschlägigen Internetportalen Täter gezielt ausfindig zu machen, wurde eine weitere Gesetzesänderung beschlossen, die es den Ermittlern künftig ermöglicht, fiktive kinderpornographische Inhalte digital zu generieren. In keinem Fall werden dabei tatsächliche Handlungen gezeigt, die Darstellungen sollen aber täuschend echt sein. Erforderlich ist das, weil viele Internetportale erst zugänglich sind, nachdem eigene Inhalte hochgeladen wurden. Diese schwerwiegende Maßnahme bedarf allerdings der gerichtlichen Zustimmung und soll Ausnahmecharakter haben. 

 

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